Das andere Rom
Sacro GRA
Es gibt das Rom der Paläste, Gärten und historischen Sehenswürdigkeiten. Und es gibt ein ganz anderes Rom, abseits vom Zentrum und allen Touristenattraktionen, entlang des riesigen Autobahnrings GRA, der die italienische Hauptstadt auf 70 km Länge umkreist. Drei Jahre lang vagabundierte Regisseur Gianfranco Rosi mit einem Minivan über den römischen „Grande Raccordo Anulare“, und sammelte die Geschichten der Menschen, die an diesem riesigen Ring leben: Porträts ihrer alltäglichen Existenz werden zur Reise durch das Leben und die unerwarteten Landschaften der Ewigen Stadt. Hinter der Mauer seines stetigen Verkehrslärms enthüllt dieser magische Ort unsichtbare Welten und eine mögliche Zukunft:
Der Biologe Francesco führt einen verzweifelten Kampf gegen gefräßige Käfer, die Italiens Palmenhaine bedrohen. Der seltsame Prinz Filippo thront mit großer Geste in seinem Anwesen, das er für Fotoshootings vermietet. Zwei ältere Prostituierte warten an der Autobahn unverdrossen auf Kundschaft. Der Fischer Cesare sorgt sich um die Zukunft der einheimischen Aale. Ein Rettungssanitäter birgt täglich neue Unfallopfer. Und dann ist da der verarmte Adelige Paolo, der mit seiner erwachsenen Tochter auf engstem Raum in einem Hochhaus lebt und uns durch seine kauzige Art umgehend ans Herz wächst.
Beim Filmfestival von Venedig 2013 wurde SACRO GRA mit dem Goldenen Löwen als Bester Film ausgezeichnet.
"Der GRA, dieser niemals abschwellende Strom aus Autos, und seine Anwohner sind eine Realität, die förmlich danach schreit, gesehen und erkundet zu werden. Sie enthüllt Widersprüche, bei denen der Zuschauer vor Staunen mit offenem Mund dasitzt: ein Franziskanermönch fotografiert auf dem Seitenstreifen den Himmel; Schafsherden grasen nur wenige Meter entfernt von den vorbeirasenden Autos. Welten in Bewegung, die sich kreuzen, ohne voneinander etwas zu ahnen. Bevor ich mit dem Filmen begann, gab es einen langsamen Prozess der Annäherung an die Menschen und ihre Geschichten. Es dauerte Monate, die richtige Distanz zwischen Subjekt und Kamera auszuloten, herauszufinden, aus welchem Winkel man filmt, wie die Einstellung sein muss. Wenn ich dann endlich mit dem Drehen beginne, lösen sich alle Zweifel in Luft auf. In diesem Moment gibt es nur mich und die Wirklichkeit, selbst die Kamera scheint in meinen Händen zu verschwinden." Gianfranco Rosi
Italien 2013, 93 Minuten, digital DCP + BluRay
Kamera, Buch und Regie: Gianfranco Rosi
Schnitt: Jacopo Quadri
Produktion: Marco Visalberghi für DocLab
Italienische Originalfassung mit deutschen Untertiteln